Sie sitzen gerade im Restaurant und eine ältere Dame kommt auf Sie zu, nimmt Ihnen das Fleisch vom Teller, bedankt sich höflich und geht damit weg. Nebenan unüberhörbare Kommentare zu jedem der hineinkommt. Eine gegenüber sitzende Dame isst mit ihren Fingern. Die Polizei wird gerufen, weil ein Mann aggressiv erscheint. Geschichten aus einem Roman? Nein, Alltag. Ein Alltag, an den wir uns vielleicht gewöhnen werden.
Die SPD Schleswig und die AG60+ haben in einer gemeinsamen Veranstaltung unter der Moderation von Landtagsabgeordneten Birte Pauls, Senioren – und Pflegepolitische Sprecherin der SPD, das Thema Demenz in einer gut besuchten Veranstaltung bei der AWO diskutiert.
Immer mehr Menschen werden immer älter, das ist gut so. Aber die Chance an einer Demenz zu erkranken, steigt mit zunehmendem Lebensalter. Ist das Risiko an Demenz zu erkranken im Alter von 65 Jahren noch sehr gering , ist bei den über 90 jährigen mittlerweile bereits jeder 3. an Demenz erkrankt. Und zwar unabhängig von ehemaliger geistiger Leistungsfähigkeit. Angefangen von eingeschränkten Alltagskompetenzen bis hin zum körperlichen Verfall bestimmen verschiedene Phasen den Verlauf der Erkrankung. Medikamente, die z.Zt auf dem Markt sind, können die Erkrankung etwas verlangsamen, aber noch nicht heilen. Deshalb ist eine frühe Erkennung der Erkrankung von immenser Bedeutung. Es gibt deutliche Symptome und klare Krankheitsbilder. Und man sollte sich nicht scheuen rechtzeitig zum Arzt zu gehen und auf gründliche Diagnostik zu pochen.
Die Inhalte und Schwierigkeiten sowie die Möglichkeiten stellte der Geschäftsführer des Kompetenzzentrums Demenz in Norderstedt, Diplom-Sozialpädagoge Swen Staack, da.
Das Kompetenzzentrum berät Einrichtungen, Behörden, Polizei, Geschäfte usw. im Umgang mit Menschen, die an Demenz erkrankt sind. Beim Kompetenzzentrum Demenz laufen die Fäden zusammen, wenn es um die Sammlung von Informationen, Behandlungsmöglichkeiten, Wohnformen und vor allem um Vernetzung zum Thema Demenz im Land Schleswig Holstein geht.
Toleranz ist das Schlüsselwort, so Swen Staack. Menschen mit Demenz verlieren das Gefühl dafür, was richtig und falsch, was angemessen ist oder was eher nicht. Das was für Außenstehende befremdlich wirken kann, fühlt sich für den Betroffenen vielleicht gerade sehr gut an. Nur wenn wir lernen mit solchen Situationen umzugehen wird es für alle leichter.
Unterstützung brauchen aber auch die Angehörigen, denn noch immer ist die Familie der größte Pflegedienst und viele fühlen sich überfordert und alleingelassen. Das zeigte auch die anschließende lebendige Diskussion.
Die Summe von 2400 im Jahr, die ein Demenzerkrankter max. ausschließlich für die Betreuung beziehen kann, reicht für die Entlastung von Angehörigen nur in kurzen Phasen. Auch das Pflegepersonal in Einrichtungen und Krankenhäusern muss sich zunehmend auf Demenzerkrankungen einstellen, eine Pflege die einen hohen Zeitaufwand bedeutet.
Deshalb fordert die SPD auch eine Änderung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes, der eine individuellere Versorgung der pflege und hilfebedürftigen Menschen gestatten würde sagte Birte Pauls. Aber auch auf die Kommunen kommt eine besondere Verantwortung zu. Es ist gut und richtig zu fragen ob, wir eine kinderfreundliche Kommune sind. Aber wir sollten uns auch die Frage stellen: Sind wir auch eine seniorenfreundliche Kommune? Gerade für ältere Menschen und besonders für dementiell erkrankten Menschen ist eine räumliche Veränderung eine starke Herausforderung. Auch deshalb gehören die älteren Menschen in die Mitte unserer Gesellschaft und mitten in die Kommunen, eben dort wo sie das Leben und die Menschen kennen. Sprachliche und kulturelle Identität spielen dabei eine besondere Rolle. Es gibt bereits viele tolle neue Wohnformen, die den Ansprüchen von dementiell Erkrankten gerecht werden. Das ist ausbaufähig! Die jetzige Landesregierung wird einen, schon seit langem geforderten Demenzplan für Schleswig Holstein umsetzen.